Mit der Trennung oder Scheidung der Ehegatten gehen regelmäßig viele Folgefragen einher. Neben der Aufteilung des Hausrates kann es zum Streit über die weitere Benutzung der Ehewohnung kommen.
In diesem Beitrag gehen wir auf das Thema der Wohnungszuweisung und der Überlassung der Ehewohnung ein. Dabei klären wir Sie darüber auf, welche gesetzlichen Ansprüche Ihnen zustehen können.
Inhaltsverzeichnis
- Überblick
- Zuteilung der Ehewohnung bei Getrenntleben
- Praxisbeispiel
- Der Begriff der Ehewohnung
- Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung bei Scheidung
- Fazit
1. Überblick
Wenn es zu einer Trennung der Ehegatten gekommen ist, kann es zu der Situation kommen, dass jeder die Wohnung nun für sich alleine beanspruchen möchte. Sollten sich die Eheleute nicht einigen können, hält das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) für diese Situation Regelungen bereit, die einen solchen Konflikt lösen können.
Insoweit erlaubt § 1361b Absatz 1 Satz 1 BGB , dass ein Ehegatte vom anderen die Überlassung der Ehewohnung verlangen kann.
2. Zuteilung der Ehewohnung bei Getrenntleben
Selbst wenn die Ehegatten noch nicht geschieden sind, sondern sich in Trennung befinden, gibt es Möglichkeiten der Wohnungszuteilung. Der Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung hängt jedoch von einigen rechtlichen Voraussetzungen ab: Die Belange des anderen Ehegatten sind nämlich zu berücksichtigen, um eine unbillige Härte zu vermeiden.
PRAXISTIPP → Ob eine Situation unbilliger Härte gegeben ist, ist eine Wertungsfrage des Einzelfalles. Sie ist insbesondere dann gegeben, wenn das Wohl der Kinder verlangt, dass diese mit einem Elternteil in der Wohnung wohnen bleiben können.
Eine besondere Rechtfertigung für die sogenannte Wohnungszuweisung an die Ehefrau kann sich beispielsweise aus der Gewalttätigkeit des Mannes ergeben. Diese besonders prekäre Situation hat auch der Gesetzgeber erkannt. Dementsprechend bestimmt das Gesetz, dass die gesamte Wohnung regelmäßig demjenigen Ehegatten zur Alleinbenutzung zu überlassen ist, der vom anderen widerrechtlich und vorsätzlich an Körper oder Gesundheit verletzt wurde.
PRAXISTIPP → In Situationen häuslicher Gewalt, sollten Sie schnell handeln und Hilfe in Anspruch nehmen. Das zuständige Gericht kann in solchen Fällen neben der Wohnungszuweisung auch ergänzende Schutz- und Unterlassungsanordnungen treffen!
In Fällen von Gewalttaten und Nachstellung können auch unverheiratete Paare eine Wohnungszuweisung und Schutzanordnung beantragen!
3. Praxisbeispiel
Um die Situation rund um den Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung zu veranschaulichen, soll folgendes Praxisbeispiel erläutert werden:
Die Ehefrau möchte nach der Trennung von ihrem Mann mit den beiden drei- und siebenjährigen Kindern in der Ehewohnung bleiben. Die Wohnung befindet sich in unmittelbarer Nähe von Kindergarten und Schule. Außerdem sind die Mietkosten vergleichsweise gering. Die Kinder haben in der Nachbarschaft zahlreiche Freunde. Selbst die Großeltern, die sich teilweise um die Kinder kümmern, wohnen nur zwei Häuser weiter.
Unter solchen Umständen wäre es eine unbillige Härte, wenn die Ehefrau mit ihren Kindern ausziehen und die Wohnung ihrem Mann überlassen müsste. Wird die Wohnung nun vom Richter der Ehefrau überlassen, muss übrigens auch der Vermieter dies akzeptieren. Dies gilt selbst dann, wenn der Mietvertrag alleine auf den Namen des Ehemannes läuft.
4. Der Begriff der Ehewohnung
Zu klären bleibt, was genau zu der Ehewohnung zählt. Juristen legen diesen Begriff weit aus. Das bedeutet, dass es – je nach den persönlichen Verhältnissen des Paares – auch mehrere Wohnungen geben kann. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs versteht unter der Ehewohnung nämlich „alle Räume, die die Ehegatten zum Wohnen benutzen oder gemeinsam bewohnt haben.“
Das bedeutet, dass nicht nur die Wohnung zugewiesen werden kann, die regelmäßiger Lebensmittelpunkt war. Auch gemeinsam genutzte Wochenendhäuser oder eine Ferienwohnung können Ehewohnungen im Sinne der gesetzlichen Regelungen darstellen.
5. Anspruch auf Überlassung der Ehewohnung bei Scheidung
Nach § 1568a BGB kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere Ehegatte anlässlich der Scheidung die Ehewohnung überlässt. Voraussetzung allerdings ist, dass er in stärkerem Maße auf die Wohnung angewiesen ist als der andere Teil. Bei der Beantwortung dieser Frage sind eine Reihe von Indizien einzubeziehen:
- das Wohl der im Haushalt lebenden Kinder
- die allgemeinen Lebensverhältnisse der Ehegatten
- allgemeine Gründe der Billigkeit
Dabei stellt die Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse sicher, dass alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigt werden. Hat die Ehe keine Kinder hervorgebracht, so kann als Billigkeitsgrund etwa eine Rolle spielen, dass der Anspruch stellende Ehegatte bereits in der Wohnung aufgewachsen ist.
Ist die Ehewohnung eine Mietwohnung, wird das Mietverhältnis mit demjenigen fortgeführt, dem die Ehewohnung zu überlassen ist. Der Vermieter muss der Fortführung des Mietvertrages dann grundsätzlich zustimmen. Seine Interessen werden jedoch dadurch gewahrt, dass ihm ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht.
Für den Fall, dass ein Ehegatte Alleineigentümer der Wohnung ist, kann der andere die Überlassung der Wohnung nur verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Dabei gelten jedoch strenge Anforderungen: Der Ehegatte, der nicht Eigentümer ist, muss in eine Situation geraten, die eine ungewöhnlich schwere Belastung darstellt. Eine bloße Unbequemlichkeit, die etwa ein Umzug mit sich bringt, ist nicht ausreichend.
PRAXISTIPP → Hier kommt es auf fundierte Kenntnisse im Familienrecht an! Nehmen sie anwaltliche Hilfe in Anspruch und wenden Sie sich an eine Kanzlei, die sich auf das Familienrecht spezialisiert!
6. Fazit
Aus der Beratungspraxis wissen wir, wie wichtig es ist, die Frage zu klären, wer nach Trennung oder Scheidung die Ehewohnung weiter benutzen darf. Dieses streitanfällige Thema erfordert genaue Kenntnisse der familienrechtlichen Regelungen und Rechtsprechung. Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf, wenn Sie Ihre Ansprüche durchsetzen möchten!