Die Betriebsvereinbarung hat einen hohen Stellenwert. Unter Juristen wird sie auch als „Gesetz des Betriebes“ bezeichnet. In diesem Beitrag erfahren Sie, was unter dem Begriff der Betriebsvereinbarung zu verstehen ist, welche Angelegenheiten hierdurch geregelt werden können und wann ein Anwalt im Arbeitsrecht hinzuzuziehen ist.
Inhaltsverzeichnis
- Was bedeutet Betriebsvereinbarung?
- Welche praktische Bedeutung hat die Betriebsvereinbarung?
- Welche Voraussetzungen muss eine Betriebsvereinbarung erfüllen?
- Für wen gilt eine Betriebsvereinbarung?
- Fazit
1. Was bedeutet Betriebsvereinbarung?
Unter dem Begriff der Betriebsvereinbarung versteht man eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat. Geregelt werden können solche Angelegenheiten, die in den Aufgabenbereich des Betriebsrates fallen. Als „Gesetz des Betriebes“ beeinflusst es die Arbeitsverträge nahezu sämtlicher Arbeitnehmer, ohne jedoch zu deren Inhalt zu werden. So regelt das Gesetz in § 77 BetrVG, dass Betriebsvereinbarungen unmittelbar und zwingend gelten.
Das arbeitsrechtliche Phänomen der Betriebsvereinbarung kann in seiner rechtlichen Wirkung mit einem Tarifvertrag verglichen werden.
PRAXISTIPP → Die Betriebsvereinbarung ist sozusagen das Pendant zum Tarifvertrag auf Betriebsebene!
Diese Parallelen zeigen auch die gesetzlichen Bestimmungen im Arbeitsrecht. Denn § 4 TVG ordnet für bestimmte Rechtsnormen des Tarifvertrages ebenfalls eine unmittelbare und zwingende Rechtswirkung an.
2. Welche praktische Bedeutung hat die Betriebsvereinbarung?
In der Praxis hat die Betriebsvereinbarung eine sehr große Bedeutung. Sie regelt generelle Fragen der betrieblichen Ordnung und dient der Gestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
PRAXISTIPP → Um sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten auszuschöpfen, sollten Betriebsräte fachmännische Unterstützung von einem Rechtsanwalt im Arbeitsrecht hinzuziehen. So können die Interessen der Arbeitnehmer im Dialog mit dem Arbeitgeber umfangreich durchgesetzt werden.
Die Anwendungsbeispiele der Betriebsvereinbarung sind vielfältig:
- Zeiterfassung und Arbeitszeitkonto
- Regelung von Pausen
- Überstunden
- Gleitzeit
- Videoüberwachung
Je nach Regelungsfeld sind unterschiedliche Anforderungen an den Inhalt der Betriebsvereinbarung zu stellen. Für die Videoüberwachung am Arbeitsplatz gelten beispielsweise strenge inhaltliche Anforderungen, da es sich hierbei um ein hoch sensibles Thema handelt. Neben Anlass und Reichweite der Kameraüberwachung, sollten dem Betriebsrat weitreichende Kontrollrechte eingeräumt werden. Auch datenschutzrechtliche Bedenken müssen zum Schutz des Arbeitnehmers aufgeklärt werden.
Geht es hingegen um die Regelung von gleitenden Arbeitszeiten, haben Arbeitgeber und Betriebsrat einen weiten Gestaltungsspielraum. In der Betriebsvereinbarung sollte unter anderem festgehalten werden, welche Zeiträume den Rahmen der Gleitzeit abstecken und ob es eine Kernarbeitszeit geben soll. Auch wenn der Verhandlungsspielraum hier groß ist, gibt es gesetzliche Grenzen, wie beispielsweise das Arbeitszeitgesetz. Diese gesetzlichen Mindestanforderungen sind unbedingt einzuhalten und stehen nicht zur Disposition des Arbeitgebers.
PRAXISTIPP → An dieser Stelle wird deutlich, wie wichtig anwaltliche Unterstützung bei der Verhandlung einer Betriebsvereinbarung ist. Als Unterstützung des Betriebsrates, kann der Fachmann im Arbeitsrecht jederzeit eingreifen, wenn Konflikte zu zwingenden gesetzlichen Regelungen entstehen können.
3. Welche Voraussetzungen muss eine Betriebsvereinbarung erfüllen?
Erste Wirksamkeitsvoraussetzung ist eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Das betrifft jedenfalls die sogenannte freiwillige Betriebsvereinbarung. In Fällen sogenannter erzwingbarer Betriebsvereinbarung kann eine Einigungsstelle tätig werden. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt dann die Einigung der Betriebspartner.
Weitere zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung ist die Schriftform. Hierzu ist die Unterzeichnung beider Betriebsparteien auf derselben Urkunde notwendig. Wird das Schriftformerfordernis nicht eingehalten, ist die Betriebsvereinbarung zwangsläufig nichtig und unwirksam. Eine besondere Form der Bekanntgabe ist nach Ansicht der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte allerdings nicht erforderlich. Anderenfalls hinge nämlich die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung alleine von dem Wille des Arbeitgebers ab. Dieses Missverhältnis soll umgegangen werden, indem man auf die Bekanntgabe als Wirksamkeitsvoraussetzung verzichtet.
Außerdem muss die Betriebsvereinbarung einen zulässigen Inhalt haben. Sie darf insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Es dürfen weiterhin nur solche Fragen durch Betriebsvereinbarung geklärt werden, die zu dem Aufgabenbereich des Betriebsrates gehören. Ausschlaggebend sind hierbei die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes, die die Aufgaben des Betriebsrates festlegen.
PRAXISTIPP → Unzulässig sind etwa solche Vereinbarungen, die das außerbetriebliche Verhalten des Arbeitnehmers betreffen. Auf den privaten Lebensbereich darf der Arbeitgeber keinen Einfluss nehmen!
4. Für wen gilt eine Betriebsvereinbarung?
Die Betriebsvereinbarung gilt für den jeweiligen Betrieb bzw. Konzern. Für Arbeitnehmer bedeutet das, dass die Vereinbarung für alle gleichermaßen gilt, unabhängig vom Zeitpunkt des Eintritts des Arbeitnehmers in den Betrieb.
Hinsichtlich der Position der Beschäftigten ist jedoch eine Besonderheit zu beachten. Die Betriebsvereinbarung gilt nämlich grundsätzlich nicht für leitende Angestellte. In zeitlicher Hinsicht ist der vereinbarte Geltungszeitraum der Betriebsvereinbarung ausschlaggebend. Etwas anderes gilt selbstverständlich dann, wenn es zu einer Betriebsstillegung, einem Aufhebungsvertrag oder einer Kündigung kommt.
PRAXISTIPP → Fällt der Betriebsrat weg, führt dies übrigens nicht gleichzeitig zum Wegfall der Betriebsvereinbarung.
Wird die Betriebsvereinbarung beendet, fallen sämtliche Ansprüche weg, die sie zuvor eingeräumt hat. Zu beachten ist allerdings, dass bereits erworbene Rechtspositionen nicht rückwirkend entzogen werden können.
5. Fazit
Der Betriebsvereinbarung kommt eine herausragende praktische Bedeutung zu. Sie ist eine Chance für Arbeitgeber und Betriebsräte, verbindliche Regelungen zu treffen und gegenläufige Interessen in Ausgleich zu bringen. Eine solide Verhandlungsposition ist hierbei jedoch maßgeblich von den Rechtskenntnissen der Betriebsparteien abhängig. So empfiehlt es sich dringend, einen Anwalt im Arbeitsrecht hinzuzuziehen, der die gesetzlichen Rahmenbedingungen kennt und in Konfliktsituationen eingreifen kann.
Die Kanzlei Senol verfügt über eine Bandbreite an Erfahrungen in der Unterstützung und Schulung von Betriebsräten und steht Ihnen als kompetenter Verhandlungspartner zur Seite. Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!