Bekanntermaßen hat der Betriebsrat bei vielen Dingen ein Mitspracherecht. Er ist schließlich die Interessenvertretung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Für diese wichtige Tätigkeit darf jedoch kein Entgelt gezahlt werden. Gemäß der Freistellungsregelung des § 37 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes sind Mitglieder des Betriebsrats darüber hinaus von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien.
Doch wie verhält es sich bei der Mitbestimmung im Hinblick auf die Vergütungshöhe des Betriebsratsvorsitzenden? Diese Frage hatte kürzlich das Landesarbeitsgericht in Düsseldorf zu beantworten. Wir nehmen diese Entscheidung zum Anlass, die mit dem Rechtsstreit verbundenen Fragestellungen genauer zu beleuchten und ihre Auswirkungen für die Praxis darzustellen.
Inhaltsverzeichnis
- Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden – Worum ging es?
- Mitbestimmungsrecht ja oder nein?
- Betriebsübliche berufliche Entwicklung maßgebend!
- Auswirkungen der Entscheidung für die Praxis
Nach der Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts in Düsseldorf lag dem arbeitsgerichtlichen Verfahren der folgende Sachverhalt zu Grunde:
Während seiner Freistellung hatte der Arbeitgeber, ein Unternehmen des Nahverkehrs, den Betriebsratsvorsitzenden zunächst um mehrere Entgeltgruppen hochgestuft. Im Anschluss daran ging es turbulent her, denn unter anderem verzichtete das Betriebsratsmitglied zeitweise auf den Vorsitz sowie die Freistellung, wurde wegen einer Pflichtverletzung abgemahnt und in einem anderen Bereich tätig. Damit einher gingen auch Gehaltseinbußen. Anschließend übernahm er wieder den Betriebsratsvorsitz samt erheblich höherer Vergütung.
Mehrere Jahre später und anlässlich einer internen Überprüfung stufte ihn der Arbeitgeber zuletzt wieder um drei Entgeltgruppen herab. Das entsprach im Ergebnis einer monatlichen Differenz von rund 1.670 Euro brutto. Hintergrund der Herabstufung war, dass der Arbeitgeber eine überhöhte Vergütung und damit eine Begünstigung des Betriebsrats befürchtete.
Der Streit entzündete letztlich daran, dass der Arbeitgeber um Zustimmung zur Rückstufung bat, die das Betriebsratsgremium jedoch verweigerte. Der Betriebsrat wollte dadurch erreichen, dass sein Vorsitzender weiterhin nach der bisherigen höheren Entgeltgruppe bezahlt wird.
Nachdem der Arbeitgeber die Umgruppierung dennoch vornahm, trafen sich die Parteien vor dem Arbeitsgericht. Der Betriebsrat wollte erreichen, dass sein Vorsitzender nach der bisherigen höheren Entgeltgruppe weiterhin bezahlt wird. Damit kam er allerdings nicht durch!
Bereits nach Auffassung der ersten Instanz war überhaupt keine Zustimmung des Betriebsrats zu der neuen Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden einzuholen. Auch in zweiter Instanz, also vor dem Landesarbeitsgericht, blieb der Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats erfolglos. Die Richter machten in ihrem Beschluss deutlich, dass keine Zustimmung erforderlich sei, da der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht bei der Vergütung des Vorsitzenden habe! Es drehe sich nämlich im Kern gerade nicht um die Frage der Eingruppierung, für die der Betriebsrat durchaus einzubeziehen wäre.
PRAXISTIPP → Unter dem Begriff der Eingruppierung verstehen Arbeitsrechtler die Zuordnung einer bestimmten Tätigkeit zu einem Entgeltschema! Hier ging es jedoch um die individualvertragliche Frage, welche Vergütung dem Betriebsratsvorsitzenden zusteht.
Um die Frage der Vergütungshöhe des Betriebsratsvorsitzenden zu beantworten ist nach den Leitvorstellungen des Gesetzgebers die sogenannte betriebsübliche berufliche Entwicklung maßgeblich. Vergleichsgröße für diese Beurteilung sind solche Arbeitnehmer, die mit dem Betriebsratsmitglied vergleichbar sind. Gemeint sind also Mitarbeiter, die im Zeitpunkt der Übernahme des Betriebsratsamtes eine im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeit wie das betreffende Betriebsratsmitglied ausgeübt haben.
PRAXISTIPP → Bei überdurchschnittlich qualifizierten Betriebsratsmitgliedern muss selbstverständlich der Vergleich mit ähnlich überqualifizierten Arbeitnehmern angestellt werden! Hier besteht in der Praxis meist Streitpotential.
Ob im hiesigen Fall eine Vergütung entsprechend der betriebsüblichen beruflichen Entwicklung vorgenommen wurde, müsse in einem gesonderten Verfahren geklärt werden, so die Richter!
Bei Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Arbeitgeber und Betriebsratsmitgliedern über die gesetzlich verbotene Diskriminierung in der Entgelt- und Tätigkeitsentwicklung entscheidet das Arbeitsgericht.
Das Gesetz enthält das Gebot, dem Betriebsratsmitglied eine berufliche Entwicklung zu eröffnen, wie sie ohne sein Amt möglich gewesen wäre. Es besteht also ein Anspruch auf Angleichung des Arbeitsentgelts an die Gehaltsentwicklungen vergleichbarer Arbeitnehmer im Betrieb. Welche Faktoren bei dieser hypothetischen Betrachtung berücksichtigt werden müssen, erfordert arbeitsrechtliche Expertise. Persönliche Aspekte wie beispielsweise eine längere Erkrankung haben bei der Frage der Gehaltsentwicklung außer Betracht zu bleiben. Hier besteht individueller Beratungsbedarf! Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf.