Wegen der Corona-Pandemie befinden sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Für den Arbeitgeber stellt sich insbesondere im Zusammenhang mit der „Kurzarbeit Null“ die Frage, ob der Jahresurlaub der Mitarbeiter aus diesem Grund gekürzt werden kann.
Ein bedeutendes Urteil vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) hat diese Frage jüngst beantwortet: Für Zeiten, in denen die Beschäftigten wegen der sog. „Kurzarbeit Null“ durchgehend nicht gearbeitet haben, entstehen keine Urlaubsansprüche. Der Arbeitgeber kann demnach den Erholungsurlaub teilweise kürzen, so die Richter am LAG (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2021, Az: 6 Sa 824/20).
Erfahren Sie in diesem Beitrag mehr über die Hintergründe des Falles!
Inhaltsverzeichnis
- Überblick „Kurzarbeit Null“
- Streit: Kurzarbeit und Urlaubsansprüche
- Weniger Urlaubstage wegen Kurzarbeit?
- Auswirkungen für die Praxis
Zunächst bedeutet Kurzarbeit, dass die Beschäftigten eines Betriebes weniger Stunden arbeiten, als sie unter normalen Umständen arbeiten müssten. Denkbar ist sogar, dass die von der Kurzarbeit Betroffenen gar nicht arbeiten. Insoweit spricht man von „Kurzarbeit Null“.
Dem Arbeitgeberbetrieb steht der Weg in die Kurzarbeit offen, wenn aus wirtschaftlichen Gründen die Arbeit zeitweise ausfällt, ohne dass der Arbeitsausfall vermieden werden kann. Es handelt sich arbeitsrechtlich also um eine Ausnahmesituation. Denn dem Grunde nach ist der Arbeitgeber dafür verantwortlich, dass genug Arbeit vorhanden ist. Auch bei Arbeitsausfällen, muss er prinzipiell den vollen Lohn weiterzahlen, selbst wenn er seine Belegschaft nach Hause schickt.
Eine wichtige Ausnahme von diesem Grundsatz ist die Kurzarbeit. Sie soll Arbeitsplätze erhalten und den Betrieb vor der Insolvenz bewahren. Die betroffene Belegschaft erhält dann entsprechend weniger Lohn. Um diesen Gehaltsausfall ein Stück weit aufzufangen, erhalten sie im Gegenzug Kurzarbeitergeld.
Die Frage, ob mit der „Kurzarbeit Null“ auch ein Verlust der Urlaubstage einhergeht, ist unter Juristen lebhaft umstritten. Der Europäische Gerichtshof ist insoweit der Auffassung, dass Arbeitgeber zu einer Urlaubskürzung berechtigt sind. Kernargument ist, dass der Arbeitnehmer – in juristischer Hinsicht – nur dann einen Anspruch auf Erholungsurlaub erwirbt, wenn er auch tatsächlich gearbeitet hat.
Ob die Kurzarbeit auch nach nationalem Recht zum Verlust von Urlaubstagen führt, hatte nun das LAG Düsseldorf in folgendem Fall zu entscheiden:
Klägerin ist eine Arbeitnehmerin im Bereich der Systemgastronomie. Sie arbeitet in Teilzeit und im Umfang einer Drei-Tage-Woche. Laut Arbeitsvertrag stehen ihr pro Jahr 14 Arbeitstage Urlaub zu. Die Arbeitnehmerin war im Corona-Jahr 2020 von April bis Dezember mehrmals in „Kurzarbeit Null“. Ihr Arbeitgeber war nun der Ansicht, er habe mit 11,5 Tagen den Urlaubsanspruch seiner Beschäftigten restlos erfüllt. In den Monaten der „Kurzarbeit Null“ nämlich habe keine Arbeitspflicht bestanden, sodass sie auch keinen Urlaubsanspruch erworben konnte.
Die Arbeitnehmerin machte nun den vollen Urlaubsanspruch geltend und zog vor Gericht. Sie war der Auffassung, dass ihr weitere 2,5 Tage zustünden. Ihr Arbeitgeber sei nicht berechtigt gewesen, ihren Urlaubsanspruch wegen der Kurzarbeit zu reduzieren. Außerdem, so die Arbeitnehmerin, könne man die arbeitsfreien Phasen der „Kurzarbeit Null“ nicht mit Freizeit gleichsetzen.
Diesen Argumenten schloss sich das LAG Düsseldorf nicht an. Es entschied vielmehr, dass für die Monate, in denen sie durchgehend in „Kurzarbeit Null“ war, keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 BurlG entstanden sind. Daher sei der Arbeitgeber auch berechtigt für jeden vollen Monat der „Kurzarbeit Null“ den Urlaub um 1/12 kürzen.
Hintergrund → Das Gericht begründete seine Entscheidung mit dem Zweck des Urlaubsanspruchs: Der Arbeitnehmer soll sich von der Arbeit erholen können. Dies aber setze notwendigerweise eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus, die bei der Kurzarbeit gerade nicht bestünde!
Das LAG Düsseldorf verwies in seiner Entscheidung ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und schloss sich seiner Argumentation an. Die Arbeitsrichter betonten auch, dass die Corona-Pandemie als Anlass der Kurzarbeit keine andere Würdigung des Falles rechtfertige.
Das LAG Düsseldorf hat die Revision zugelassen. Das Urteil ist also – Stand jetzt – noch nicht rechtskräftig. Das Streitthema Kurzarbeit und Urlaub ist damit noch nicht vom Tisch. Bis zur Klärung der nationalen Rechtslage durch die höchstrichterliche Rechtsprechung oder den Gesetzgeber sollten Arbeitgeber die anteilige Reduzierung von Urlaubstagen bei Kurzarbeit ausdrücklich regeln!
Bei Fragen zum Thema Urlaub und Kurzarbeit nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf.