Wenn die Temperaturen sinken, steigt auch die Erkältungsgefahr. Zwischen den Jahreszeiten ist oftmals von Grippewellen zu hören. Im Umfeld häufen sich die Krankschreibungen und besonders ärgerlich wird es, sobald es einen selbst erwischt. Pflichtbewusste Arbeitnehmer versuchen den Krankenschein so weit wie möglich zu vermeiden. Gerade dann, wenn der Schreibtisch voll Arbeit ist, erweist sich die Krankmeldung als äußerst unpassend. Nicht selten stellt sich sogar die Frage, ob man trotz Krankheit arbeiten darf! Eine Umfrage des DGB-Index „Gute Arbeit“ im Jahr 2015 ergab, dass rund die Hälfte aller Befragten, trotz Erkrankung zur Arbeit gehen.
In diesem Beitrag gehen wir den wichtigsten Rechtsfragen zur Krankmeldung nach und klären auf, ob Sie trotz Krankheit überhaupt arbeiten gehen dürfen.
Inhaltsverzeichnis
- Darf ich trotz Krankschreibung arbeiten gehen?
- Die rechtlichen Funktionen des Krankenscheins
- Darf der Arbeitgeber einen kranken Mitarbeiter nach Hause schicken?
- Muss ich dem Arbeitgeber sagen, welche Krankheit ich habe?
- Was ist versicherungsrechtlich zu beachten, wenn ich vor Ende des Krankenscheins wieder arbeite?
- Muss ich das Krankengeld zurückzahlen, wenn ich früher gesund werde?
- Fazit
Arbeitnehmer stellen sich häufig die Frage, ob Sie vor Ablauf des Krankenscheins wieder vorzeitig zur Arbeit gehen können. Das kann unterem anderem am schlechten Gewissen gegenüber dem Arbeitgeber und den Kollegen oder schlicht am enormen Arbeitspensum liegen. Unter juristischen Laien kursieren diesbezüglich viele Mythen und Irrtümer. Fest steht: Eine Krankschreibung ist kein Arbeitsverbot! Die Entscheidung, ob der Arbeitnehmer sich wieder fit genug fühlt, um die Arbeit aufzunehmen, liegt ganz alleine bei ihm.
PRAXISTIPP → Selbst wenn Ihr behandelnder Arzt Sie für den Zeitraum von einer Woche krankgeschrieben hat, müssen Sie diese Zeit nicht zwangsläufig zuhause verbringen. Wenn Sie sich beispielsweise nach drei Tagen wieder fit und belastbar fühlen, können Sie selbstverständlich wieder arbeiten gehen.
Der Krankenschein erfüllt in arbeitsrechtlicher Hinsicht zweierlei Funktionen: Einerseits bescheinigt er die akute Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen. Andererseits trifft er eine Prognose darüber, wie lange der Zustand der Arbeitsunfähigkeit noch anhalten wird. Dabei handelt es sich um eine Prognose im besten Sinne des Wortes. Das bedeutet, dass sie richtig oder falsch sein kann.
Geläufig ist der Fall, dass der Arbeitnehmer über den Zeitraum der Krankschreibung nicht wieder voll gesund wird. In dieser Situation wird der Krankenschein in der Regel unproblematisch verlängert. Gleiches muss also auch für den umgekehrten Fall gelten. Wenn Sie früher als geplant gesund sind, können Sie jederzeit wieder im Büro erscheinen. Hierzu sind Sie sogar verpflichtet.
Wenn sich also die ärztliche Prognose über den Heilungszeitraum als unzutreffend erweist und sie vorzeitig arbeitsfähig sind, müssen Sie wieder arbeiten gehen. Selbstverständlich empfiehlt es sich in einem solchen Fall, noch einmal Rücksprache mit dem behandelnden Arzt zu halten. Als Laie kann man seine körperlichen Belastungsgrenzen im Anschluss an eine Krankheit durchaus falsch einschätzen.
Wenn der Arbeitnehmer trotz Erkrankung auf der Arbeit erscheint, ist der Arbeitgeber häufig in der Zwickmühle. Sicherlich schätzt der Chef die Einsatzbereitschaft und Initiative des Arbeitnehmers, allerdings muss der Arbeitgeber auch die restliche Belegschaft im Blick behalten. Macht die Krankheit im Büro erst mal die Runde, sind die wirtschaftlichen Schäden aufgrund der damit einhergehenden Arbeitsausfälle unter Umständen sehr hoch. Es erscheint also plausibel, dass der Arbeitgeber den kranken Arbeitnehmer nach Hause schicken möchte.
Dem ist auch aus juristischer Perspektive beizupflichten. Den Arbeitgeber treffen nämlich sogenannte Fürsorgepflichten, die er gegenüber seinen Angestellten einzuhalten hat. Er trägt im gewissen Umfang die rechtliche Verantwortung für das Wohlergehen seiner Belegschaft während der Arbeit. Sieht er also das Risiko, dass ein erkrankter Arbeitnehmer die Bürokollegen anstecken könnte, darf er ihn guten Gewissens nach Hause schicken. Tut er das nicht, kann der Arbeitgeber sogar Haftungsrisiken ausgesetzt sein. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Beschäftigte aus gesundheitlichen Gründen augenscheinlich nicht in der Lage ist, seine Arbeitspflichten ordnungsgemäß zu erfüllen, aber auf Pochen des Arbeitgebers anwesend sein muss.
Viele Arbeitnehmer beschäftigt im Zusammenhang mit der Krankmeldung auch die Frage, ob Sie gegenüber dem Arbeitgeber offenlegen müssen, welche Krankheit sie haben. Es geht also darum, ob die Diagnose des Arztes an den Arbeitgeber weitergegeben werden muss.
Da es sich bei der Krankheitsdiagnose um eine höchstpersönliche Angelegenheit handelt, muss der Mitarbeiter dem Arbeitgeber selbstverständlich nicht mitteilen, was der Grund für die Arbeitsunfähigkeit ist. Von dieser Grundregel gibt es nur wenige Ausnahmen. Wenn Sie beispielsweise während Ihrer Krankheit mit Lebensmittel in Berührung gekommen sind und eine Infektionsgefahr besteht, müssen Sie gegebenenfalls weitergehende Informationen über Ihre Krankheit preisgeben.
PRAXISTIPP → Wenn Sie trotz Krankenschein früher zur Arbeit zurückkehren möchte, ist die Situation etwas verzwickter. Hier lässt sich eine kurze Erläuterung der Diagnose, die sich auf das Nötigste beschränkt, kaum vermeiden. Anderenfalls kann Ihr Arbeitgeber nur schwer einschätzen, ob Sie trotz laufender Krankschreibung schon wieder arbeitsfähig sind.
Wenn Sie als Arbeitnehmer vorzeitig aus Ihrem Krankenschein zurückkehren, genießen Sie den vollen Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Wenn Ihnen auf dem Weg zum Arbeitsplatz oder während der Arbeit ein Unfall passiert, sind Sie grundsätzlich gesetzlich versichert. Voraussetzung ist natürlich, dass sich der Unfall in einem direkten Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit ereignet hat.
Versicherungsrechtliche Bedenken sind jedoch nicht gänzlich auszuschließen, wenn der Arbeitnehmer trotz Krankenschein wieder arbeiten kommt. Problematische Haftungskonstellationen entstehen dann, wenn die Krankheit des Arbeitnehmers ursächlich für den Arbeitsunfall war.
Beispiel:
Der Arbeitnehmer arbeitet mit schweren Gerätschaften. Beim Handtieren mit einer Maschine wird ihm plötzlich schwindelig und das Gerät fällt ihm auf den Fuß. Das Missgeschick war darauf zurückzuführen, dass der Beschäftigte im Vorfeld einen Autounfall erlitten und sich dabei eine Gehirnerschütterung zugezogen hat. In dieser Situation stellen sich komplexe juristische Probleme, die unter anderem um das Verschulden des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers kreisen. Hier sollten Sie dringend rechtlichen Beistand durch einen Rechtsanwalt im Arbeitsrecht hinzuziehen!
Wer als Arbeitnehmer länger als sechs Wochen arbeitsunfähig ist, erhält das sogenannte Krankengeld, um die Lohnausfälle auszugleichen. Der Anspruch auf Krankengeld besteht allerdings nur solange der Arbeitnehmer auch tatsächlich wegen seiner Krankheit arbeitsunfähig ist. In dem Moment, wo der Beschäftigte die Arbeit wieder aufnimmt, entfällt also der Anspruch auf Krankengeld.
Wenn Sie vor Ablauf der Krankschreibung wieder an den Arbeitsplatz zurückkehren, müssen Sie das Krankengeld, das im Vorfeld gezahlt wurde, anteilig zurückzahlen.
Krankmeldungen gehören zum Berufsleben. Wer krankgeschrieben ist, dem ist die Arbeit nicht vollständig untersagt. Die Einschätzung, ob man sich wieder arbeitsfähig fühlt oder nicht, liegt beim Arbeitnehmer. Dennoch hat der Arbeitgeber ein gewisses Mitspracherecht. Er kann den kranken Angestellten beispielsweise nach Hause schicken, wenn er bemerkt, dass er wegen seiner gesundheitlichen Verfassung nicht einsatzbereit ist.
Bei Problemen zum Thema Haftung und Unfallversicherung können Sie jederzeit gerne auf uns zu kommen. Als Kanzlei im Arbeitsrecht beraten wir Sie kompetent und individuell zum Thema Krankheit am Arbeitsplatz.