Welche Arten von Arbeitszeugnissen gibt es?
Zu unterscheiden sind einfache Arbeitszeugnisse von qualifizierten Arbeitszeugnissen. Einfache Arbeitszeugnisse geben einen Überblick über die ausgeführten Tätigkeiten und den Tätigkeitszeitraum wieder.
Einfache Arbeitszeugnisse werden in der Regel bei kürzeren Arbeitsverhältnissen ausgestellt. Wenn das Arbeitsverhältnis länger als drei Monate Bestand gehabt hat, empfiehlt es sich für Arbeitnehmer grundsätzlich nicht, ein einfaches Arbeitszeugnis zu verlangen, da dies für den potentiellen neuen Arbeitgeber Raum für Interpretationen zulässt. So könnte der neue Arbeitgeber den Rückschluss daraus ziehen, dass das Arbeitsverhältnis belastet gewesen sein ist und dieser Umstand mit der Wahl des einfachen Zeugnisses verschleiert werden soll.
Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis hingegen enthält viele Elemente. Es gibt sehr viel Preis über die sozialen und fachlichen Qualitäten sowie Leistungen des Mitarbeiters und seine Funktion in dem jeweiligen Unternehmen. Ein solches Zeugnis entscheidet oftmals darüber, ob der Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen gehindert oder gefördert wird. Da sie existentielle Bedeutung haben können, sind qualifizierte Arbeitszeugnisse oftmals Gegenstand arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen.
Grundsätzlich gilt, dass Zeugnis muss den Grundsätzen der Zeugnisklarheit und Zeugniswahrheit entsprechen und wohlwollend formuliert sein. Es darf das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unzumutbar erschweren.
Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?
Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Dieser Anspruch ist gesetzlich verankert und ist normiert in § 109 GewO.
Wenn sich Ihr Arbeitgeber weigert ein Zeugnis auszustellen, sollten Sie nicht lange zögern und Klage beim zuständigen Arbeitsgericht auf Erteilung eines Zeugnisses einreichen. Spätestens dann wird Ihr Arbeitgeber einlenken müssen.
In der Regel streitet man anschließend noch um den Inhalt des Zeugnisses. Daher sollten Sie sich auch bei solchen Prozessen von einem auf Arbeitsrecht, insbesondere Zeugnisrecht spezialisierten Rechtsanwalt vertreten lassen, da der Zeugnisinhalt für den nicht geschulten Zeugnisleser oftmals ein Buch mit sieben Siegeln ist. Hier ist neben einer guten Vorbereitung auch Fachkompetenz und Verhandlungsgeschick gefragt.
Welche Aufbauregeln und Formalien muss ein qualifiziertes Arbeitszeugnis enthalten?
Für qualifizierte Arbeitszeugnisse gelten bestimmte Formalien. So ist der Aufbau eines qualifizierten Arbeitszeugnisses genauso wichtig wie der Inhalt.
Der Aufbau gliedert sich in der Regel wie folgt:
- Einleitung
- ggf. Unternehmensbeschreibung
- Tätigkeitsbeschreibung
- Leistungsbeurteilung
- Verhaltensbeurteilung
- Beendigungsgrund des Arbeitsverhältnisses
- Dankes- und Bedauerns-Formel
- Zukunftswünsche
- Datum, Unterschrift und Position des Unterzeichnenden
Das Auslassen bestimmter Teile bedeutet, dass bestimmte Fähigkeiten nicht vorhanden waren. Wenn der Arbeitgeber beispielsweise bescheinigt, dass das Verhalten des Mitarbeiters zu Kollegen und Kunden einwandfrei war und den Vorgesetzten hierbei gänzlich auslässt, so spricht dies Bände. Dies lässt den Rückschluss zu, dass das Verhältnis des Mitarbeiters zu seinem Vorgesetzten belastet war.
Was ist bei den Formalien zu beachten?
Das Zeugnis sollte unbedingt auf einem Firmenbriefbogen ohne Adressfeld ausgestellt werden. So wird ein eventueller Hinweis auf einen vorherigen Streit vermieden.
Zudem ist erforderlich, dass das Ausstellungsdatum mit dem Beendigungsdatum übereinstimmt. Keinesfalls sollten Sie sich mit einem krummen Ausstellungsdatum zufriedengeben (Beispiel: 11.12.2016) und den Arbeitgeber um Korrektur bitten.
Was man auch beachten sollte
Wichtig ist auch, dass das Zeugnis keine Schreib- oder Grammatikfehler enthält. Dies hinterlässt nicht nur einen schlechten Eindruck vom Zeugnisautor, weil er etwa eine Rechtschreibschwäche offenbart, sondern fällt auf Sie als Arbeitnehmer zurück. Die äußere Form des Zeugnisses darf nicht den Eindruck erwecken, dass sich der Aussteller vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärungen distanziert. Daher sollten Sie solche Zeugnismängel sofort korrigieren lassen, damit Sie nicht als „nachlässiger Bewerber“ angesehen werden.
Außerdem sind Passivkonstruktionen zu vermeiden. Die Formulierung sollte stets positiv erfolgen. Ein Beispiel für eine passive Formulierung ist: „Herr Max Mustermann, geboren am 01.01.1980, war in der Zeit 01.01.2015 bis 30.06.2016 als Sachbearbeiter in unserem Unternehmen beschäftigt.“
Besser ist folgende Formulierung zu wählen, um dem Zeugnisleser kein Raum für Interpretationen zu bieten: „Herr Max Mustermann, geboren am 01.01.1980, war in der Zeit 01.01.2015 bis 30.06.2016 als Sachbearbeiter in unserem Unternehmen tätig.“
Negationstechnik – was ist das?
Auch auf die Verwendung von Verneinungen bzw. der sog. Negationstechnik sollte in Zeugnissen verzichtet werden, da dies zu einer Abwertung führt (Beispiel: „Sein Verhalten war ohne jede Beanstandung“. Besser ist die Verwendung folgender positiven Formulierung: „Sein Verhalten war jederzeit einwandfrei.“
Auch bei widersprüchlichen Aussagen sollten Sie aufhorchen. Dies ist eine verklausulierte Möglichkeit des ehemaligen Arbeitgebers um bei potentiellen neuen Arbeitgebern anzudeuten, dass man sich vom Zeugnisinhalt distanziert.
Die Elternzeit darf in einem Arbeitszeugnis nur Erwähnung finden, wenn durch die Inanspruchnahme der Elternzeit erhebliche Ausfallszeiten entstanden sind. Was unter „erhebliche Ausfallzeiten“ zu verstehen ist, ist stets anhand des konkreten Einzelfalls zu beurteilen und hängt maßgeblich von der Gesamtbeschäftigungsdauer ab.
Wer trägt die Darlegungs- und Beweislast beim Streit um die Note?
Das Arbeitszeugnis muss den Grundsätzen der Zeugnisklarheit und Zeugniswahrheit entsprechen. So einfach dieser Grundsatz klingt, so gibt es immer wieder Auseinandersetzungen über die (subjektive) Wahrheit. Dies führt in der Praxis zu erheblichen Beweisproblemen.
Aber wer muss beweisen, ob die Leistungen besser oder schlechter als bewertet waren? Das Bundesarbeitsarbeitsgericht hat hierzu eine klare Meinung: Wer ein „befriedigendes“ Zeugnis erhält, dem wird eine durchschnittliche Arbeitsleistung bescheinigt. Daher verlagert das Bundesarbeitsgericht die Beweislast auf die Arbeitnehmer, wenn diese eine bessere Note als „befriedigend“ erstreiten wollen. Für eine schlechtere Bewertung als „befriedigend“ tragen die Arbeitgeber wiederum die Beweislast.
Dass diese Beweislastverteilung aufgrund der praktizierten Arbeitswelt nicht der Realität Rechnung trägt, lässt das Bundesarbeitsgericht außen vor. Denn mehr als die Hälfte der erteilten Arbeitszeugnisse werden mittlerweile mit der Schulnote „gut“ bewertet und entsprechen daher dem eigentlichen Durchschnitt.
Die Arbeitsrichter aus Erfurt mögen sich an dieser Stelle daher die Kritik gefallen lassen, dass diese vorgegebene Beweislastverteilung äußert arbeitnehmerunfreundlich ist und die Praxis außen vorlässt. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, weil es einem Arbeitnehmer kaum gelingen kann, diesen Beweis zu erbringen.
Einen rettenden Anker können jedoch zuvor erhaltene Zwischenzeugnisse bieten. Wenn diese mit einer besseren Note ausgefallen sind als das Abschlusszeugnis und der Abstand der Erteilung nicht allzu groß ist, dann sollten diese Beweismittel dem Gericht nicht vorenthalten werden.
Was tun, wenn man mit dem Zeugnis unzufrieden ist?
Wenn man mit dem Zeugnisinhalt unzufrieden ist, sollte der Arbeitgeber zunächst außergerichtlich aufgefordert werden, die erbetenen Zeugniskorrekturen vorzunehmen. Weigert sich der Arbeitgeber kann die Zeugnisberichtigungsklage helfen. Lassen Sie sich hierbei von einem auf Zeugnisrecht spezialisierten und erfahrenen Rechtsanwalt vertreten, da dieser einen geschulten Blick hat und sofort erkennt, welche zusätzlichen Korrekturen vorgenommen werden müssen.