Auf wirtschaftliche Misserfolge reagieren viele Unternehmen ähnlich: Es drohen Massenentlassungen! Den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steht in dieser Situation das Betriebsverfassungsgesetz zur Seite und sieht vor, dass sogenannte Sozialpläne beschlossen werden müssen. Jenseits möglicher Kündigungsschutzprozesse kommt es in der Praxis häufig zu Streit über die darin vorgesehenen Abfindungen für die Arbeitnehmer. Denn obwohl die beiden Gegenspieler Arbeitgeber und Betriebsrat hierüber bereits verhandelt haben, stellen sich häufig auch die betroffenen Mitarbeiter auf den Standpunkt, dass die Abfindung zu niedrig ausgefallen ist!
Wann diese Ansicht gerechtfertigt ist, welche Kriterien bei Sozialplanabfindungen beachtet werden müssen und wie Sie Ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine Sozialplanabfindung?
- Wie wird die Sozialplanabfindung berechnet?
- Wie kann ich meinen Anspruch auf Abfindung durchsetzen?
- Fazit
Der Begriff des Sozialplans beschreibt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die Arbeitnehmern durch Betriebsänderungen entstehen können. Dem Betriebsrat ist hiermit ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht zur Wahrung der Arbeitnehmerinteressen in die Hände gelegt. Anlass eines Sozialplans kann nicht nur die vollständige Betriebsstillegung sein, sondern beispielsweise auch ein umfangreicher Personalabbau.
Denkbare wirtschaftliche Nachteile für Arbeitnehmer sind etwa:
- Arbeitslosigkeit nach einer Kündigung
- Verlust des Kündigungsschutzes
- Erschwerungen bei der Arbeitsuche
- schlechtere Gehaltsbedingungen
Misslingt ein einvernehmlicher Sozialplan zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, kann eine Einigungsstelle angerufen werden, deren Entscheidung die Einigung zwischen Verhandlungspartnern ersetzt.
PRAXISTIPP → Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommen Sozialplänen zukunftsorientierte Ausgleichs- und Überbrückungsfunktionen zu. Darin vorgesehene Abfindungen sollen die wirtschaftlichen Folgen eines durch Betriebsänderung verursachten Arbeitsplatzverlustes abmildern.
Abfindungen in Sozialplänen werden regelmäßig nach einer festgelegten Formel errechnet, auf die sich der Arbeitgeber und Betriebsrat im Vorfeld geeinigt haben. Maßgebliche Faktoren sind hierbei oftmals der Bruttomonatsverdienst, das Lebensalter und die Betriebszugehörigkeit. Diese Faktoren werden miteinander multipliziert und anschließend durch einen Divisor geteilt.
Vereinfacht ausgedrückt, wird die Höhe der Abfindung oftmals maßgeblich von der Definition des Bruttomonatsgehalts und dem Divisor beeinflusst, denn je höher der Divisor angesetzt wird, umso geringer fällt die Abfindung aus.
Die Betriebsparteien sind aber keineswegs von Gesetzes wegen verpflichtet, Sozialplanleistungen nach einer bestimmten Formel zu bemessen. Sie können die Abfindung auch individuell festlegen und dabei die jeweiligen Verhältnisse der betroffenen Arbeitnehmer berücksichtigen.
PRAXISTIPP → Viel diskutiert wurde in der Vergangenheit über die Berücksichtigung des Alters als einer der prägenden Faktoren der Abfindungshöhe. Einigkeit besteht mittlerweile darüber, dass hierin per se kein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz liegt.
Die den Abfindungsanspruch bestimmenden Kriterien dürfen von Arbeitgeber und Betriebsrat nicht willkürlich festgelegt werden, sondern müssen mit den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar sein. Zulässig ist dabei grundsätzlich diejenigen Beschäftigten, die den Betrieb des Arbeitgebers „vorzeitig“ – also noch vor der Betriebsänderung – verlassen, eine wesentlich geringere Abfindung zuzusprechen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Arbeitgeber die Eigenkündigung seiner Mitarbeiter veranlasst hat. Von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus freien Stücken kann dann nämlich oft keine Rede mehr sein.
Regelmäßig finden sich in den Sozialplänen Fristen innerhalb derer die Abfindungsansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden müssen. Wer diese Fristen versäumt, geht unter Umständen leer aus. Auf diesem Wege wird den betroffenen Arbeitnehmern ein Wahlrecht eingeräumt: Entweder sie akzeptieren die betriebsbedingte Kündigung und lassen sich die Abfindung auszahlen oder aber sie erheben Kündigungsschutzklage und versuchen eine höhere Abfindung zu erzielen.
PRAXISTIPP → Wer vor dieser Entscheidung steht, sollte sich dringend anwaltliche Unterstützung ins Boot holen! Was viele nicht wissen: Nur weil Sie Kündigungsschutzklage erheben, verlieren Sie nicht gleichzeitig Ihren Anspruch auf Sozialplanleistungen.
Wer von einer betriebsbedingten Kündigung betroffen ist, sollte anwaltliche Hilfe hinzuziehen, um prüfen zu lassen, ob eine Kündigungsschutzklage sinnvoll ist. Denn vor dem Arbeitsgericht kann unter Umständen ein Vergleich erzielt werden, der die vorgesehene Sozialplanabfindung übersteigt. Ist der Sozialplanleistung eine Berechnungsformel zu Grunde gelegt worden, lohnt es sich häufig, diese durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen zu lassen. Die Anforderungen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung an die Wirksamkeit einer solchen Formel stellt, sind streng!
Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf.