Zweifel an der Vaterschaft sind in emotionaler Hinsicht extrem belastend. Scheinväter berichten darüber, dass sie zunächst keine Ähnlichkeiten mit dem Kind feststellen konnten. Im Laufe der Zeit erhärtet sich dann der Verdacht, dass das vermeintlich eigene Kind ein Kuckuckskind ist.
Wer sich in einer solchen Situation wiederfindet, ist nicht schutzlos! Der Rechtsstaat hält Möglichkeiten bereit, die leibliche Vaterschaft genetisch feststellen zu lassen. Zur Klärung der Abstammungsverhältnisse ist eine Vaterschaftsanfechtung sinnvoll. In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über dieses praxisrelevante Feld des Familienrechts!
Inhaltsverzeichnis
- Gesetzliche Regelungen zur Vaterschaft
- Überblick über die Vaterschaftsanfechtung
- Der heimliche Vaterschaftstest
- Antrag beim Familiengericht
- Rechtsfolgen der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung
- Fazit
Im Gegensatz zur Feststellung der Mutterschaft, bereitet die Bestimmung der Vaterschaft naturgemäß größere Schwierigkeiten. Da die Vaterschaft ohne DNA-Test letztlich kaum sicher nachgewiesen werden kann, bedient sich auch das Gesetz einiger Vermutungen. Diese Tatbestände finden sich in § 1592 BGB.
Das Gesetz unterscheidet im Kontext der Vaterschaft drei Fälle:
- Vaterschaft kraft Ehe mit der Mutter
- Vaterschaft kraft freiwilliger Anerkennung
- Vaterschaft kraft gerichtlicher Feststellung
Zunächst stellt sich also die Frage, ob die Mutter im Zeitpunkt der Geburt verheiratet war. Ist das der Fall, so gilt der Ehemann als Vater des Kindes. War die Mutter hingegen nicht verheiratet, gilt die rechtliche Vaterschaft erst dann als begründet, wenn ein Mann die Vaterschaft anerkennt oder diese im Rahmen eines Gerichtsverfahrens festgestellt wird.
PRAXISTIPP → An dieser Stelle wird schnell deutlich, dass die genetische Vaterschaft und die rechtliche Vaterschaft nicht übereinstimmen müssen.
Bestehen Zweifel, ob der Vater im Rechtssinne nicht zugleich auch der genetische Vater ist, so kann die Vaterschaft angefochten werden.
Die gesetzliche Regelungstechnik zur Vaterschaft basiert alleine auf Vermutungen. Die Mutter mag zwar verheiratet sein. Tatsächlich aber kann das Kind nicht vom Ehemann, sondern einem Dritten abstammen. Ein Mann mag womöglich die Vaterschaft anerkannt haben. Allerdings kann er nachträglich herausfinden, dass er überhaupt nicht der Vater des Kindes ist. Die Vaterschaftsanfechtung bietet hier eine Möglichkeit die rechtliche Vaterschaft zu beseitigen, wenn sie nicht mit der genetischen Vaterschaft übereinstimmt.
Die Vaterschaftsanfechtung erfolgt im gerichtlichen Verfahren. Da es sich hierbei um eine Abstammungs- bzw. Familiensache handelt, ist das Familiengericht zuständig. Eingeleitet wird das Verfahren durch einen entsprechenden Antrag. Dieser hat die Feststellung zum Ziel, dass der Mann, für den eine Vaterschaftsvermutung kraft Gesetzes besteht, nicht der Vater des Kindes ist. Um dieses Ziel zu erreichen, wird im gerichtlichen Verfahren ein medizinisches Gutachten von einem Sachverständigen eingeholt. Juristen sprechen hierbei von dem Abstammungsgutachten.
Der heimliche Vaterschaftstest stellt eine verführerische Lösung dar, wenn der Verdacht besteht, dass der rechtliche Vater nicht zugleich auch der leibliche Vater ist. Nach Auffassung der Rechtsprechung und des Gesetzgebers ist es jedoch verboten hinter dem Rücken von Mutter und Kind einen Vaterschaftstest durchzuführen. Dieser sensible Bereich nämlich berührt die Grundrechte der Mutter und des Kindes. Hier darf keine Selbstjustiz geübt werden.
PRAXISTIPP → Heimliche Vaterschaftstests dürfen übrigens auch nicht dazu verwendet werden, eine gerichtliche Vaterschaftsanfechtung zu begründen! Ein vom Gericht eingeholtes Gutachten hingegen kann auch dann verwertet werden, wenn die Voraussetzungen zu dessen Einholung nicht vorlagen.
Wer die Vaterschaft anfechten möchte, muss in seinem Anfechtungsantrag die Umstände erläutern, die gegen die Vaterschaft sprechen. Außerdem muss dargelegt werden, wann diese Umstände bekannt geworden sind. Das Begründungserfordernis der Vaterschaftsanfechtung dient in erster Linie dem Schutz des Kindes. Es soll vor „Klagen ins Blaue“ geschützt werden.
PRAXISTIPP → Hier ist anwaltliche Unterstützung erforderlich! Die Familiengerichte achten darauf, dass objektiv Zweifel an der Abstammung des Kindes bestehen. Der Anfechtungsantrag muss also gründlich durchdacht und begründet werden.
Als nicht ausreichend begründet wurde die Vaterschaftsanfechtung beispielsweise angesehen bei:
- Zweifel aufgrund anonymer Anrufer, die ihrerseits die Vaterschaft behaupten
- Behauptung fehlender Ähnlichkeit zwischen Kind und Vater
- Hinweis auf die Verweigerung der Mutter zur Teilnahme an einem Vaterschaftstest
- Vorlage eines eindeutigen heimlichen Vaterschaftstests
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die Vaterschaftsanfechtung nicht auf unbestimmte Zeit möglich sein soll. Grundsätzlich gilt eine Zweijahresfrist, die mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Anfechtungsberechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen.
Die Vaterschaftsanfechtung ist erfolgreich, wenn das Familiengericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Mann, dem das Kind kraft Ehe oder Anerkennung zugerechnet wurde, nicht der Vater ist. Hierzu wird im Rahmen der Beweisaufnahme regelmäßig ein medizinisches Gutachten eingeholt.
Gibt das Familiengericht dem Antrag durch Beschluss statt, wird die Vaterschaft im Rechtssinne rückwirkend beseitigt. Damit entfallen sowohl für die Zukunft wie auch für die Vergangenheit alle Rechtswirkungen der Vaterschaft. Zu denken ist hier etwa an die Unterhaltspflicht, das Sorgerecht und das Erbrecht.
Entfällt mit der Rechtskraft des Beschlusses die Vaterschaft rückwirkend, so steht auch fest, dass der „Scheinvater“ zu den Unterhaltsleistungen, die er in der Vergangenheit geleistet hat, nicht verpflichtet war. Regelmäßig wird der Scheinvater daran interessiert sein, diese Leistungen erstattet zu bekommen.
PRAXISTIPP → Die Problematik des Unterhals- bzw. Scheinvaterregresses ist nicht unkompliziert. Nehmen Sie jederzeit gerne Kontakt zu uns auf, um Ihre Entschädigungsmöglichkeiten zu besprechen!
Wer Zweifel an der leiblichen Vaterschaft hat, sollte anwaltliche Unterstützung hinzuziehen. In einem gerichtlichen Verfahren lassen sich diese Zweifel aus dem Wege räumen. Die Versuchung ist zwar groß, allerdings ist von heimlichen Vaterschaftstests dringend abzuraten!
Wir beraten Sie gerne zum Thema Vaterschaftsanfechtung und Unterhaltsregress.